24.11.2023 Pressemitteilung - Bundesamt für Naturschutz

Wie entwickelt sich die biologische Vielfalt an renaturierten Uferabschnitten und in wiederhergestellten Flussauen? Welche Renaturierungsmaßnahmen erweisen sich als besonders wirksam? Eine jetzt in den BfN-Schriften erschienene Veröffentlichung stellt ein neues standardisiertes Verfahren vor, mit dem sich der Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen für Flora und Fauna an Ufern und in Auen nachvollziehbar bewerten lässt.
Deutschlands Fließgewässer und deren Auen sollen wieder naturnäher werden. Dafür werden in ganz Deutschland Bäche und Flüsse renaturiert, Deiche zurückverlegt sowie Feuchtgebiete und Auwälder wiederhergestellt. Allein 220 große Auenrenaturierungsprojekte an Flüssen werden im Auenzustandsbericht 2021 des Bundesumweltministeriums und des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) genannt.
Bislang werden die Auswirkungen von Renaturierungsmaßnahmen in Auen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Methoden überprüft. Ein Forschungsteam unter Leitung der Universität Duisburg-Essen hat nun ein einfach anwendbares, standardisiertes Verfahren zur biozönotischen Erfolgskontrolle von Renaturierungsmaßnahmen an Gewässern und in Auen entwickelt. Dabei wird untersucht, ob typische Pflanzenarten, Vögel, Amphibien, Laufkäfer sowie Muscheln und Schnecken in den renaturierten Gewässer- und Auenabschnitten vorhanden sind und von der Renaturierung profitiert haben. Gleichzeitig wird geprüft, ob typische Lebensräume wie Kiesbänke, Auengewässer und Auwald wiederhergestellt wurden. Durch dieses einheitliche Vorgehen sollen die Ergebnisse von Erfolgskontrollen in Zukunft besser vergleichbar sein.
„Zusammenhängende naturnahe Flusslandschaften sind unverzichtbar für die Erhaltung der biologischen Vielfalt. Mit dem vorliegenden Bewertungsverfahren kann nun standardisiert erfasst und beurteilt werden, inwieweit typische Pflanzen und Tierarten nach Renaturierungsmaßnahmen zurückgekehrt sind. Das wird uns auch im Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ und perspektivisch im Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz weiterhelfen“, sagt BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm.
Aus bundesweiten Ergebnissen der Forscher*innen der Universität Duisburg-Essen ist bekannt, dass die Artenzusammensetzung der verschiedenen Tiergruppen sowie die Ufer- und Auenvegetation besonders sensibel und rasch auf Renaturierungsmaßnahmen reagieren und somit gute Zeiger für naturnahe Verhältnisse sind. Das Verfahren zur biozönotischen Erfolgskontrolle wird daher allen Behörden, Planer*innen und wissenschaftlichen Einrichtungen empfohlen, die Gewässer- und Auenrenaturierungsmaßnahmen umsetzen und Erfolge ihrer Maßnahmen überprüfen möchten. Insbesondere bei Maßnahmen an Bundeswasserstraßen im Rahmen des Bundesprogramms „Blaues Band Deutschland“ einschließlich seines „Förderprogramms Auen“, aber auch an anderen Flüssen, wo in den nächsten Jahren und Jahrzehnten viele ökologischen Verbesserungen zu erwarten sind, sollten einheitliche Erfolgskontrollen durchgeführt werden.
Um das Verfahren zur biozönotischen Erfolgskontrolle weiter zu testen und zu entwickeln und um es einem möglichst großen Anwenderkreis zugänglich zu machen, führen die Forscher*innen unter der Leitung der Universität Duisburg-Essen von 2023 bis 2027 einen sogenannten Praxistest durch und entwickeln ein Online-Tool zur Dateneingabe. Interessierte Institutionen können sich gerne an diesem Praxistest beteiligen und zum Beispiel Monitoring-Daten von Renaturierungsprojekten zur Verfügung stellen.
Bundesprogramm Blaues Band Deutschland und Förderprogramm Auen
Das Bundesumweltministerium und das Bundesverkehrsministerium haben mit dem gemeinsam erarbeiteten Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ einen Handlungsrahmen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte geschaffen. Damit soll verstärkt in die Renaturierung von Bundeswasserstraßen und ihren Auen investiert werden und Fluss, Ufer und Aue sollen wieder miteinander verbunden werden. Das Bundesamt für Naturschutz ist hierbei für die Betreuung und Abwicklung von Förderprojekten aus dem „Förderprogramm Auen“ zuständig. Über dieses Förderprogramm können Landkreise und Kommunen, Naturschutz- und Umweltverbände sowie andere Akteure beim BfN Fördermittel beantragen, um die Auen entlang der Bundeswasserstraßen als Zentren der biologischen Vielfalt und Achsen des Biotopverbundes naturnah zu entwickeln. Zur Wiederherstellung intakter Flusslandschaften können beispielsweise Auengewässer angelegt, nicht mehr benötigte Entwässerungseinrichtungen entfernt sowie der für die Maßnahmenumsetzung notwendige Grunderwerb und das erforderliche Personal gefördert werden.
Mit dem ANK will die Bundesregierung entscheidend dazu beitragen, den allgemeinen Zustand der Ökosysteme in Deutschland deutlich zu verbessern und so deren Resilienz und deren Klimaschutzleistung zu stärken. Neben Treibhausgasminderung und Negativemissionen wird auch ein Beitrag zur Klimaanpassung erreicht. Die Natur an Land und im Meer soll besser geschützt und widerstandsfähiger werden, um dauerhaft zu den nationalen Klimaschutzzielen beizutragen. Die Land- und Forstwirtschaft soll nachhaltig werden und mehr Raum lassen für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt auf den bewirtschafteten Flächen. Natürlicher Klimaschutz und der erforderliche Ausbau erneuerbarer Energien sollen eng aufeinander abgestimmt und mögliche Synergien genutzt werden.
2009 hat das BfN den ersten bundesweiten Auenzustandsbericht veröffentlicht und auf den kritischen Zustand der Flussauen in Deutschland aufmerksam gemacht. Der Auenzustand bewertet dabei das Ausmaß der Veränderungen vor Ort sowie die Nutzungsintensität und Biotopstruktur der noch überflutbaren Flussauen sowie den Auenverlust. Der Bericht wurde im Zeitraum 2016 bis 2021 aktualisiert und die Ergebnisse im Auenzustandsbericht 2021 veröffentlicht.
Zum Original-Beitrag: Auenrenaturierungen: Erfolge standardisiert bewerten
24.11.2023 Pressemitteilung - Bundesamt für Naturschutz
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