22.05.2023 Pressemitteilung - Bund Deutscher Forstleute
Für den Bund Deutscher Forstleute (BDF) gehören alte und uralte Bäume in jeden bewirtschafteten Wald. „Wir plädieren für Wälder, die nach Baumarten und nach Alter gemischt aufgebaut sind und in denen die Bäume bis zur Nutzung möglichst dick und alt werden können“, so Bundesvorsitzender Ulrich Dohle. „Gleichzeitig müssen genügend alte Bäume ungenutzt bleiben, die in der Alters- und Zerfallsphase für mehr biologische Vielfalt sorgen.“ Naturschutz und Nutzung des Waldes sind nach dem Verständnis des BDF grundsätzlich kein Widerspruch bei einer integrativen und naturverträglichen Waldbewirtschaftung.
In reich strukturierten Mischwäldern finden sich vielfältige sogenannte Mikrohabitate, die Tier-, Pflanzenarten und Mikroorganismen als Lebensraum dienen. Als leicht erkennbares Indiz dafür finden Besucher alter Wälder große und kleine Baumhöhlen. „Ein gutes Zeichen sind Schwarzspechthöhlen“, weiß Dohle, „die nur an wirklich alten Starkbuchen angelegt und von bis zu sechzig weiteren Tierarten genutzt werden.“
Zwei Forderungen hat der BDF dabei an öffentliche und private Waldbesitzer: Zum einen, dass in Zeiten starker Brennholznachfrage, wie derzeit, genügend Alt- und Totholz im Wald verbleibt. So fordern es auch Förderprogramme. Außerdem wünscht sich der BDF in den Wäldern wieder mehr Fachpersonal, um den gesellschaftlichen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Dazu gehört auch, mit einem regelmäßigen Artenmonitoring die hoffentlich positive Entwicklung der Artenvielfalt nachzuverfolgen.
Hintergrund
Alt- und Totholz im Wirtschaftswald
Da im bewirtschafteten Wald die Holznutzung vor der Alters- und Zerfallsphase der Bäume erfolgt, ist es notwendig, stehende abgestorbene Bäume und liegendes Totholz in Form von Kronen, Baumteilen oder auch ganzen Bäumen (je dicker, desto ökologisch wertvoller) zu belassen, um die vielfältigen Zersetzerlebensgemeinschaften zu fördern.
Die Gefahr der Vermehrung von Schadorganismen besteht eigentlich nur bei der Fichte (Borkenkäfer). Auch die Waldbrandgefahr durch belassen von Totholz am Waldboden ist in den meisten Waldformen gering einzuschätzen. Totholz mit Bodenkontakt speichert Feuchtigkeit.
Habitatbäume als Strategie
Der systematische Erhalt von Bäumen und Baumgruppen bis zum natürlichen Zerfall gehört für viele Waldbesitzer, Forstbetriebe und Forstverwaltungen zum Standard. Die Wald-Zertifikate PEFC und FSC fordern dies von ihren Mitgliedern. FSC strebt die Zahl von zehn Biotopbäumen je Hektar (100x100 Meter) Wald an. Ebenso wird in Naturschutzgebieten (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) die Zahl von Habitatbäumen vorgegeben.
Mit zunehmendem Alter entwickeln sich immer mehr sogenannte Mikrohabitate, wie Risse, Höhlen, Wasserlöcher, abgebrochene Äste, Wurzelhöhlen, Efeubewuchs. Eine alte Buche kann bis zu einhundert dieser Mikrohabitate aufweisen.
Eine gute Übersicht zum Thema liefert die schweizerische WSL hier: https://www.dora.lib4ri.ch/wsl/islandora/object/wsl:22445/datastream/PDF/Buetler-2019-Habitatbaeume_kennen-schuetzen_und_foerdern.pdf
Schwarzspecht hat Schlüsselfunktion
Die größte mitteleuropäische Spechtart ist der Schwarzspecht. Für die Anlage seiner Bruthöhlen benötigt er vorwiegend alte Buchen mit einem Durchmesser ab 40 Zentimeter. Der ovale Höhleneingang ist an solchen Buchen unterhalb des Baumkronenansatzes in der Regel gut zu erkennen. Auf die Vielzahl angelegter Höhlen und begonnener Höhlen sind bis zu 60 weitere Arten angewiesen. Daher kommt dem Schwarzspecht in Wäldern eine Schlüsselfunktion zu. Bekannte Nachmieter sind Baummarder, Eichhörnchen, Hohltaube, kleine Kauzarten, Fledermäuse, Kleiber, Dohle und Star. Aber auch Hornissen, Wespen und wildlebende Honigbienen stellen sich ein. In alten Höhlen vermischen sich das zersetzende Holz und die tierischen Abfälle zu einem Lebensraum für zahlreiche spezialisierte und oft seltene Käferarten.
https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/tiere-im-wald/voegel/schwarzspecht
https://villewaelder.de/de/das-projekt/biotopholzleitfaden/biotopholzstrukturen/spechthoehle
Förderprogramm Klimaangepasstes Waldmanagement
Das Förderprogramm des Bundes „Klimaangepasstes Waldmanagement“ fordert die Anreicherung des Waldes mit Totholz und die Kennzeichnung von mindestens fünf Habitatbäumen (100x100 Meter) pro Hektar Waldfläche.
https://www.klimaanpassung-wald.de/hintergrund
Warum regelmäßiges Artenmonitoring?
Nur über wiederkehrende Erfassungen kann die Entwicklung der Arten beurteilt werden und können notwendige Anpassungen vorgenommen werden. Vergleichende Untersuchungen über lange Zeiträume sind in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft wichtige Steuerungsgrundlagen. Für das regelmäßige Artenmonitoring braucht es genügend Spezialisten in den zuständigen Ämtern und Forstbetrieben.
Zitat der Forstl. Versuchsanstalt BaWü: Eine hohe Biodiversität ist eine entscheidende Grundlage für die Anpassungsfähigkeit und Resilienz von Wäldern im Klimawandel
Zum Original-Beitrag: Ein Lob der Baumhöhle - alte Bäume sind unverzichtbarer Bestandteil im Wald
22.05.2023 Pressemitteilung - Bund Deutscher Forstleute
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